COSIMA FILMTHEATER
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Mittwoch, den 18.06.2025:
15:00 Cosima:

17:45 Cosima:

20:30 Cosima:



Ein wunderschöner, kraftvoller und gleichzeitig zärtlicher Film
Mein Platz ist hier - il mio posto è qui (OmU)
... seit dem Bundesstart am 15. Mai im Cosima !
Samstag 21.06.

Die Atmosphäre dieser Zeit weht durch die Geschichte von Marta, einer ledigen Mutter, die es schwer hat. Als sie aus der Not heraus in eine ungewollte Ehe eingewilligt hat, freundet sie sich heimlich mit dem homosexuellen Hochzeitsplaner an.
Originaltitel: Il mio posto è qui
Italien 2024
Regie und Drehbuch: Daniela Porto, Cristiano Bortone (nach dem Roman von Daniela Porto)
Mitwirkende: Ludovica Martino, Marco Leonardi, Giorgia Arena, Francesco Biscione, Biancamaria D’Amato
Kamera: Emilio Maria Costa
Länge: 100 Minuten
Verleih: Arsenal
Start: 15. Mai 2025
Filmkritik


Dieses intensive, zärtliche, glücklicherweise aber keineswegs sentimentale Drama entstand nach dem ersten Roman von Daniela Porto und wurde zudem ihr Kinodebüt als Regisseurin. Gemeinsam mit Cristiano Bortone, der schon länger als Filmproduzent und Regisseur aktiv ist, schrieb sie auch das Drehbuch, das Parallelen zu heutigen Entwicklungen nicht scheut. Schon deshalb ist es positiv, dass die Geschichte weder nostalgisch wirkt noch die üblichen Gute-Laune-Klischees vom italienischen Süden pflegt. Also nix mit Pizza, Pasta, Tarantella. Sowohl was die Landschaft als auch die Bilder der abgelegenen Kleinstadt betrifft, herrscht der Eindruck einer beinahe mittelalterlich wirkenden Stimmung vor. Hier kann sich eigentlich niemand so richtig wohlfühlen. Das gilt für die Tag und Nacht schuftenden Frauen ebenso wie für die Männer, die sich (noch) ziemlich sicher fühlen dürfen in ihrer Rolle als Patriarchen. Die Frauen kuschen vor der Macht, es bleibt ihnen auch kaum etwas anderes übrig, denn sie sind von den Männern abhängig, von ihren Vätern, Brüdern und Ehemännern wie von den Priestern. In der Kirche predigt Don Antonio den Frauen: „Denkt daran, dass der Ehemann das Oberhaupt der Familie ist. Er bringt das Brot nach Hause, und sein Schweiß ist wie Weihwasser.“ In den ärmlichen Regionen des Südens funktioniert dieses Prinzip noch ganz gut, aber in den größeren Städten ist die Welt schon in Bewegung geraten: Die Kommunistische Partei in der nächsten Stadt, zu der auch Frauen gehören, propagiert die Emanzipation, und Marta muss dort feststellen, dass sie nicht die einzige ist, die unterdrückt wird. Und dass es Möglichkeiten geben könnte, den Zwängen und Regeln zu entkommen, die ihr und ihrem Kind das Leben schwermachen.
Manches erinnert in diesem Film atmosphärisch an die Klassiker des italienischen Neorealismus. Das liegt auch am Licht; es ist sparsam in den Innenräumen, leuchtend in den Außenaufnahmen. Und es zeigt die Gegensätze zwischen Arm und Reich wie in einer Kastengesellschaft: die dunklen Farben der alten, abgetragenen Kleidung von Marta und ihrer Familie, die farbigen Gewänder der Reichen und der kirchlichen Würdenträger. Hauptsächlich ist aber die Atmosphäre dafür verantwortlich, die das Elend der armen Dorfbevölkerung ebenso betont wie die Pracht und die Macht der Kirche. Lorenzo hat in seinem Leben eigentlich schon genug gelitten, aber er hat auch gelernt, sich den äußerlichen Zwängen zu fügen, wenn auch teilweise nur scheinbar, denn es gibt zwei Aspekte, die ihm das Leben erleichtern: Er weiß so einiges über die Männer im Städtchen, wovon andere lieber nichts erfahren sollten, und er kann schweigen. Zum anderen hat er ein Motorrad, und das bedeutet: Freiheit! Mit dem Motorrad ist er unabhängig, er kommt überallhin und er nimmt Marta auf seinen Touren mit. Lorenzo wird Martas Mentor – eine Art Wegweiser in ein neues Leben, das für ihn selbst nicht oder nicht mehr in Frage kommt. Aus diesem Zwiespalt bezieht der Film eine schöne Doppelbödigkeit, denn Lorenzo könnte eigentlich das Städtchen verlassen. Oder ist es zu spät dafür? Dass er es nicht tut, obwohl es ihm woanders vermutlich besser gehen könnte, macht einen großen Teil von Lorenzos Melancholie aus, die ebenso zu seiner Persönlichkeit gehört wie sein feiner Humor und seine Widerstandsfähigkeit. Marco Leonardi, unter anderem bekannt aus „Alles Geld der Welt“ von Ridley Scott, spielt Lorenzo mit viel Eleganz und einem lässigen Charme, der manchmal (auch optisch) an Marcello Mastroianni erinnert. Doch die größte Überraschung in diesem Film ist Ludovica Martino als Marta. Sie ist von einer anrührenden Ernsthaftigkeit, ihr junges Gesicht spiegelt ihr Unglück wider und zeigt, wie sehr sie sich nach Zuneigung sehnt. Scheinbar mühelos und glaubwürdig bis in die kleinsten Gesten spielt Ludovica Martino diese Entwicklung einer jungen Frau, die erkennt, dass sie sich aus den gesellschaftlichen Zwängen lösen könnte … wenn sie nur ein bisschen mutiger wäre!
Gaby Sikorski (programmkino.de)

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© Cosima Filmtheater Berlin. All rights reserved. | Programming & Design: Uli Schmidt
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